GARTEN EDEN: GRITA GÖTZE
& RALF WILHELM SCHMIDT BILD: R. W. SCHMIDT - METAMORPHOSE

Im Tempel der Natur: Keramik und Zeichnungen von Grita Götze und Ralf Wilhelm Schmidt in der Galerie Kunstkontor

Potsdamer Neueste Nachrichten 12.07.2011

Boten der Stille. Blätter rauschen, Libellen surren, Vögel zwitschern im Geäst. Man kann es förmlich hören: das fröhlich-leise Glucksen im Füllhorn der Natur. Mit beiden Händen wird es ausgeschüttet und breitet sich zum „Garten Eden“ aus, bestellt von dem Maler Ralf Wilhelm Schmidt und der Keramikerin Grita Götze. Beide gehen derzeit in der Galerie Kunstkontor eine sommerfrische Liaison ein.

Die schlankwüchsigen Vasen von Grita Götze stehen wie Wächter der ungetrübten Schönheit auf Podesten und flankieren in ihrer üppigen Farbigkeit die schwarz-weißen Zeichnungen Ralf Wilhelm Schmidts. Auch er weiß mit Üppigkeit zu überraschen, die er einzig mit Bleistift in Hunderten von Stunden der Natur abgetrotzt hat. Wiesenstücke, ausladende Bäume, Uferstreifen werden herangezoomt und in ihrer Vielgliedrigkeit freigelegt. Die lichtdurchfluteten Bilder verströmen eine wärmende Wohligkeit, die Eiche bekommt Raum, ihr herrschaftliches Geäst auszubreiten, die Ente am Teich schaut mit achtsamem Blick in ihre Gräserwelt. Fast fotografisch genau nimmt er das Abenteuer Natur unter die Lupe. Der in Potsdam lebende Künstler sucht nach der Seele der Dinge, begibt sich meditativ in die Stille des Wegträumens. Nach 20 Jahren Arbeit im Acht-Stunden-Trott wollte Ralf Wilhelm Schmidt seinen Kopf freibekommen, gab seinen Beruf als Forstarbeiter auf und besuchte Zeichenkurse, um sich neu zu finden. Gern begleitet man ihn auf diesem Weg der kleinen Überraschungen, auf dem selbst ein knorriger alter Baum ein Seh-Abenteuer ist und sein morsches Inneres unverhohlen preisgibt: im Sterben schön. Bizarr und wild-romantisch, dann wieder in lieblicher Idylle spiegelt sich das oft Übersehene. Das Bild „Erschöpft“ ist die einzige Irritation. Ein riesiger muskulöser Männerarm hängt müde über einem wilden Wasserfall. Er steht offensichtlich für den Scheideweg des Künstlers: für den Aufbruch aus der Lähmung ins quellsprudelnde Neuland.

„Die Natur hat tausend Freuden für den, der sie sucht und mit warmem Herzen in ihren Tempel eintritt“, wird die Dichterin Rahel Varnhagen von Ense auf dem Ausstellungsflyer zitiert. So wie Ralf Wilhelm Schmidt diesen Tempel mit wachen Sinnen durchschreitet, ist er auch für Grita Götze das wahre Paradies. „Nie wieder Bauhaus, das Leben ist eine üppige Angelegenheit“, sagt die Künstlerin, die eine Töpferlehre in Bürgel absolvierte und an der Burg Giebichenstein in Halle studierte. Nachdem ihre drei Kinder ihr wieder mehr Zeit lassen, beackert sie nun den Garten Eden. Ihre Keramik strotzt nur so vor floraler Fülle und der Kraft des Sommers. Die gedrehten Vasen mit der frechen „Zipfelmütze“ und ihre Wandteller sind überflutet vom Blütenzauber. Rosen, Nelken, Mohn, Lampionblume protzen mit ihrer Harmonie der Farben, ohne schreiend bunt zu werden. Nichts Welkes und Verblühtes ist zu sehen. Auch ihre elfengleichen Wesen betören mit Jungfräulichkeit. Anmutige Frauen tanzen einen Reigen, aufreizend in ihren transparenten fließenden Gewändern, die die schlanken dunklen Körper durchscheinen lassen. Grita Götze zeigt sich auch fasziniert von der japanischen Ästhetik. Immer wieder sind es Fächerdamen, die die Vasen zieren: Gefäße, die wie Skulpturen wirken, weiblich, exotisch und dem Schönheitsgedanken ergeben.

In dieser floralen Welt haben sich natürlich auch Vögel, Insekten, Wald- und Wiesenelfen eingenistet, die durch Obst und Gemüse und durch ein Blätterdickicht flattern. Was so federleicht und heiter erfrischend den Betrachter vereinnahmt, ist einem aufwendigen Arbeitsprozess abgerungen. Genaue Skizzen, hineingeschnittene Dekors und ein ausgeklügeltes System mehrfach gebrannter Glasuren und Engoben gehen dem Märchen voraus. Grita Götzes blühende Verschlingungen umschließen die Keramik wie eine zarte Schutzschicht. Im Feuerbrand der Illusion.

Foto: Andreas Klaer
(Foto entnommen PNN http://www.pnn.de/potsdam-kultur/514159/)

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